Englischsprachiges Theater auf der Bühne der Wiedigsburg

White Horse Theatre gastierte mit drei Stücken am Herder-Gymnasium

Fremdsprachen zu beherrschen besitzt in Gegenwart und Zukunft, gerade in unserer globalisierten Welt mit all ihren Möglichkeiten, eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Die Bildungseinrichtungen stellen sich der damit verbundenen Aufgabe und unterbreiten entsprechend der Schulart Angebote. Englisch fungiert dabei als Fremdsprache Nummer 1 und wird ab der fünften Klasse in Wort und Schrift erlernt. Neben dem Erwerb eines grundlegenden Wortschatzes sowie Kenntnisse zu Grammatik, Satzbau etc. erweist es sich als wesentlich, die Sprache nicht nur zu lernen, sondern zu leben. Dazu bietet auch das Herder-Gymnasium verschiedene Angebote, wie Städtefahrten, Studienfahrten, Wettbewerbe, eine Englischstunde mit dem Radiosender SAW, usw. Seit vielen Jahren nimmt es auch die Chance wahr, für Schüler englischsprachige Theaterstücke aufführen zu lassen und anschließend mit den Darstellern ins Gespräch zu kommen.

white horse theatre

Blick in die Aula kurz vor der Aufführung des Stückes für die Klassenstufen 8 und 9

Europas größtes professionelles Tourneetheater, das White Horse Theatre, 1978 durch Peter Griffith gegründet, bietet englische Theaterstücke auf hohem Niveau. Entsprechend der Anmeldung können die Zuschauer gut verständliche Darbietungen in altersgerechter Sprachgestaltung erleben. Die in London eigens geschriebenen und choreographierten Stücke werden professionell inszeniert und von Muttersprachlern Englisch bzw. Schauspielern aufgeführt. 

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Um sie streiten die beiden jungen Herren, die Tochter des Schulleiters

Die Bühne in der Aula des Herder-Gymnasiums erfuhr gleich einen dreifachen Wandel/ Umbau und wurde an diesem theaterintensiven Schultag intensiv bespielt.        
Beginnend mit dem Stück „Der leere Stuhl“ thematisierten die vier Schauspieler die Probleme, die sich für Kinder und Erwachsene ergeben, wenn ein Elternteil die Familie verlässt. Das Hoffen auf die Wiederkehr wurde hier mit Hilfe eines leeren Stuhles symbolisiert, der zwar am Ende durch einen neuen Partner der Mutter mit Zustimmung des Sohnes besetzt wird, die damit verbundenen Ängste, Zweifel und Entscheidungsebenen aber die deutliche Zerrissenheit der Beteiligten vor Augen führte. Den Darstellern gelang es, das junge Publikum der sechsten und siebenten Klasse mitzureißen, überzeugten durch Witz und Charme und bezogen die Schülerschaft mit ein, wie Helene aus der 6/2 begeistert preisgab. Eine Sprachbarriere habe es nicht gegeben und wenn ein Wort oder eine Redewendung nicht sofort erschlossen werden konnte, halfen Mimik und Gestik der Schauspieler oder der Kontext, resümierten Tristan K. und Konrad W. 

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Den achten und neunten Klassen begegneten mit „Two Gentlemen“ zwei feine Herren, die sich als langjährige Freunde in das gleiche Mädchen verlieben und deren Freundschaft nun auf eine echte Probe gestellt wurde. Die Adaption stellte eine wirklich moderne Version der Shakespeare-Komödie „Two Gentlemen of Verona“ dar und führte die jugendlichen Zuschauer damit auf der Grundlage von Erfahrungen mit Liebe und Verlust (auch von Freundschaft) bewusst zur Literatur. Und genau dieser Lebensweltbezug erwies sich für einige Neuntklässler als sehr gelungen und auch real bzgl. der gezeigten Reaktionen, wenn z.B. ein Versprechen gebrochen wird und sich die Enttäuschung Bahn bricht.

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Zwei echte feine Herren

Als sehr anspruchsvoll, sowohl sprachlich als auch inhaltlich, bewertete das Publikum der elften Klasse das für sie aufgeführte Stück „Das Bildnis des Dorian Gray“. Die Inszenierung des einzigen Romans des irischen Schriftstellers Oscar Wilde begleitete einen jungen Mann auf der Suche nach der eigenen Identität. Eine Tatsache, die sicherlich viele junge Menschen bewegt, sodass sie die Fragen der Hauptfigur: Wie will ich sein, wie sollen mich andere sehen? in ihrer Gewichtung für Dorian Gray nachvollziehen konnten. Das gerade in der modernen Mediengesellschaft scheinbar wichtige perfekte Profil einer Person wurde dem Handeln in und für die Gesellschaft gegenübergestellt bzw. das Verhältnis von Image und Menschlichkeit diskutiert. In diesem oberstufengerechten dritten Stück des Tages schlüpften die vier Darsteller in verschiedene Rollen und vermochten dabei jedem Charakter – auch sprachlich - wirklich gerecht zu werden.

 

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Szenenbild aus der Shakespeare-Adaption

Die zwischen 20 und 26 Jahre alten Schauspieler überzeugten jede Klassenstufe durch ihr schauspielerisches Können, den Enthusiasmus und spürbare Freude an ihren Aufführungen. Das flexible Equipment sowie die variablen Bühnenaufbauten unterstützten bewusst und wohl dosiert das Verständnis. Damit mach(t)en die unterhaltsamen und gut inszenierten Stücke Lust auf die englische Sprache und boten neben der Unterhaltung ein Erfolgserlebnis für die Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Alters- bzw. sprachlicher Niveaustufen. 
Die jeweils im Anschluss zur Verfügung gestellte Gesprächsrunde nahmen die Schülerinnen und Schüler gerne an und konnten so einiges über das Theater selbst sowie die Schauspieler erfahren und Fragen zu den Aufführungen bzw. der Bühnengestaltung stellen. 
Um mit dem Wunsch vieler Sprachlernenden aus der sechsten und siebenten Klasse zu sprechen, bleibt zu hoffen, dass diese Möglichkeit auch zukünftig zum Repertoire des Fremdsprachenunterrichts dazugehören wird. 

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[Heike Roeder]